Jedes Jahr scheiden etwas mehr als 10% der Lehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen in Deutschland aus dem Schuldienst aus. In dieser Zahl sind jedoch u.a. die Lehrkräfte enthalten, die in den Schuldienst anderer Bundesländer oder die Schule im jeweiligen Bundesland wechseln sowie diejenigen, die temporär ausscheiden, z.B. aufgrund von Schwangerschaft, Geburt eines Kindes bzw. Elternzeit. Lässt man diese Gruppen unberücksichtigt, dann schwankt die Zahl der dauerhaft aus dem Schuldienst ausscheidenden Lehrkräfte um den Wert von 5,4% am Gesamtbestand, bei Ausschlägen von bis zu 1,4 Prozentpunkten insbesondere nach oben. Auffallend ist bei dieser relativen Konstanz der Anteilswerte dauerhaft ausscheidender Lehrkräfte die starke Verschiebung zwischen der Zahl und dem Anteil an Lehrkräften, die altersbedingt bzw. aus anderen Gründen aus dem Schuldienst ausscheiden. Betrug das Verhältnis zwischen diesen beiden Gruppen über längere Zeit zwischen 1:1,1 und 1:1,3, beträgt die Relation nunmehr 1:2,6 bei seit 2015/16 stark steigender Tendenz. Von einem Massenexodus an Lehrkräften kann daher nicht gesprochen werden; allerdings verändert sich die Relation von altersbedingt ausscheidenden zu aus anderen Gründen dauerhaft ausscheidenden Personen deutlich an. Dies verweist darauf, dass die Relevanz von Lehrkräften, die vorzeitig aus dem Schuldienst ausscheiden, erheblich zunimmt. Auf Länderebene variiert die Struktur der Gründe für das Ausscheiden beträchtlich, was möglicherweise auch durch unterschiedliche Erfassungssystematiken bedingt sein kann. Grundlegend ist aber festzuhalten, dass das „reguläre“ altersbedingte Ausscheiden in allen Ländern nicht die Mehrheit der ausscheidenden Personen erfasst. Angesichts des Wettbewerbs zwischen den Ländern um Lehrkräfte zeigt die Wanderungsbilanz, dass in den vergangenen 15 Jahren Brandenburg, Sachsen und Berlin die mit Abstand größten Zuwanderungssalden hatten (+1.375, +750 bzw. +625), während Hamburg mit -1.300 den größten Negativsaldo verzeichnet. Wenn die Zahl bzw. der Anteil der vorzeitig aus dem Schuldienst ausgeschiedenen Lehrkräfte in einem derart großen Umfang ansteigt, dann ist dies ein deutliches Zeichen dafür, dass der Schuldienst entweder an Attraktivität verliert oder die Belastung von vielen Lehrkräften als nicht mehr tragbar angesehen wird. Arbeitszeitstudien verweisen regelmäßig darauf, dass die tatsächliche Arbeitszeit von Lehrkräften gerade während der Unterrichtszeit deutlich über eine „reguläre“ 40-Stunden-Woche hinausgeht. Heterogenität der Schülerschaft sowie die zunehmenden psychischen und sozialen Herausforderungen dürften ein Übriges tun. Gerade auch mit Blick auf den bereits bestehenden und sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten verstärkenden Lehrkräftemangel im deutschen Schulsystem sind Bildungspolitik und -ministerien gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, die die von den Lehrkräften als sehr empfundenen Belastungen verringern. Dazu zählen u.a. veränderte Modi der Arbeitszeiterfassung bei Lehrkräften, Ausbau multiprofessioneller Teams etc. Es wird aber auch über veränderte Formen der Klassenstrukturierung nachzudenken sein: Eine Klasse oder Lerngruppe mit mehreren Schüler:innen mit psychischen oder sozialen Beeinträchtigungen kann nicht so groß sein wie eine Klasse ohne solche Schüler:innen. Alternativ könnte die „Bestückung“ mit Lehr- oder Begleitpersonen flexibilisiert werden.